Mittagsandacht
Brigitte Scholl Mezzosopran
Pfr. Olivier Schopfer Liturgie
Arthur Honegger (1892–1955)
Aus: Trois Psaumes
Psaume CXL O Dieu donne-moi délivrance (1940), Texte: Théodore de Bèze
Psaume CXXXVIII Il faut que tous mes esprits (1941), Texte: Clément Marot
Darius Milhaud (1892–1974)
Aus: Cinq Prières op. 231c (1942)
Verbum caro factum est
Jean Langlais (1907–1991)
Aus: Missa in simplicitate (1952)
Sanctus - Benedictus
Antonio García (*1984)
Kurze Orgelimprovisationen
Sie waren die frechen Jungen der 20er-Jahre: die sechs um Jean Cocteau und Erik Satie, die für kurze Zeit als «Groupe des Six» existierten, publikumswirksam und geschichtsträchtig – die Musikgeschichtsbücher erzählen immer noch davon. Dabei waren die sechs doch so unterschiedlich: der eine Schweizer Protestant, in Frankreich aufgewachsen, der andere jüdischer Kosmopolit, die anderen Katholiken usw. Sie sorgten mit kleinen Skandalen für Aufsehen, setzten die Eisenbahn musikalisch in Szene oder brachten brasilianische Rhythmen aus dem Exil mit. Und man könnte sie gut und gern auf diesen so weltlichen Aspekt beschränken – aber alle hatten sie auch ihre ernsthaften, ja spirituellen Seiten. Am stärksten prägte sich das wohl bei Francis Poulenc aus, der ein spätes religiöses Erweckungserlebnis bei der Schwarzen Madonna von Rocamadour in den Pyrenäen erlebte. Er komponierte daraufhin eines der trotz der schwarzkatholischen Handlung eindringlichsten Musiktheaterstücke des 20. Jahrhunderts, die «Dialogues des Carmélites». Seine Freunde Arthur Honegger und Darius Milhaud waren vielleicht etwas weniger radikal.
Arthur Honegger arbeitete eng mit dem katholischen Dichter Paul Claudel zusammen und komponierte 1945/46 seine «Symphonie liturgique». Er hat zahlreiche dramatische Werke geistlichen Inhalts geschaffen, die die Zeiten überlebt haben. Betonte er mitten im Krieg seine protestantischen bzw. reformatorischen Wurzeln, indem er drei Psalmen vertonte? Er verwendete nämlich nicht die lateinische Version, sondern die Übersetzungen durch den Genfer Reformator Théodore de Bèze sowie durch den französischen Lyriker Clément Marot, dessen Psalmen von Calvin gelobt wurden und der eine Zeit lang ebenfalls in Genf wirkte.
Darius Milhaud hat sich in seiner geistlichen Musik nicht auf seine jüdischen Wurzeln beschränkt, sondern ist auch da gleichsam kosmopolitisch oder geradezu ökumenisch vorgegangen. Unter anderem schrieb er eine Bühnenmusik zu Claudels «L’Annonce faite à Marie», und 1963 vertonte er die Enzyklika «Pacem in Terris» von Papst Johannes XXIII. So erstaunt es auch nicht, dass er sich im US-amerikanischen Exil während des Zweiten Weltkriegs mit jüdischen Themen beschäftigte und 1942 dennoch gleichzeitig die «Cinq Prières» auf lateinische Texte schreiben konnte.
Jean Langlais gehört zur Riege bedeutender Pariser Organisten des 20. Jahrhunderts. Der seit dem zweiten Lebensjahr blinde Musiker studierte Orgel bei André Marchal und Marcel Dupré sowie bis zu dessen Tod Komposition bei Paul Dukas, zusammen mit Messiaen. Zunächst an der Kirche Saint-Pierre-de-Montrouge tätig, folgte er 1945 seinem grossen Vorbild Charles Tournemire als Titulaire der Cavaillé-Coll-Orgel von Sainte-Clotilde – ein Amt, das er bis 1987 ausübte. In etwa dreihundert daneben entstandenen Werken verbinden sich die alten Kirchentonarten mit moderner Polymodalität, aber auch Volkslieder, organistische Virtuosität und Experimente in demutvoller Schlichtheit. Gerade diese steht im Vordergrund der «Missa in simplicitate», die er 1952, am Beginn übrigens einer zweiten, reichen Schaffensperiode, schrieb.
Französische Kirche Bern | |
Samstag, 24. Oktober 2015 | 12.30 Uhr